
Wer sich auch nur ansatzweise mit Hunden beschäftigt merkt schnell, dass Hunde hochsoziale Lebewesen sind, die sich was das Gefühlsleben und Empfindungen angeht nicht weit vom Menschen unterscheiden. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber oftmals habe ich das Gefühl, dass Hunde weitaus feinfühliger, anpassungsfähiger und durchaus toleranter sind als wir Menschen. Was sich Hunde von uns Menschen teilweise gefallen lassen müssen ist unter aller Würde. Und trotzdem sind sie oftmals gutmütiger als so mancher Mensch. Aber zurück zum Thema.
Wir, wie viele andere Hundetrainer, arbeiten mittels der positiven Verstärkung. Das hat zum einen den Grund, dass wir eine freundschaftliche Beziehung zu unserem Hund fördern wollen und zum anderen den, weil wir wissen, dass es unseren Hunden damit einfach gut geht. Sie lernen schnell und nachhaltig, weil es ihnen Spaß macht. Und ganz nebenbei gewinnt man einen Freund fürs Leben.

Jetzt gibt es aber auch eine andere Art von Training. Man nimmt eine bedrohliche Körperhaltung ein, bewirft den Hund mit Wasser, Wurfketten oder ähnlichem oder sanktioniert ihn mit der Hand, was dann als "leichtes maßregeln" betitelt wird. Man beruft sich auf "natürliches Verhalten unter Hunden" und legitimiert sein Tun mit der Aussage, dass das Hunde untereinander genauso machen würden und wir als "Hund " interagieren müssen, damit sich die Probleme quasi von allein auflösen. Meiner Meinung nach hat man da nur eine winzige Kleinigkeit vergessen: Wir sind keine Hunde!!! Eine winzige Kleinigkeit, die aber, wie ich finde, eine sehr große Bedeutung hat. Nämlich die, dass wir nur von unseren bisherigen Forschungen und Interpretationen ausgehen können. Wie oft höre ich von Kunden, sie würden z.B. den Welpen mit einem "in die Seite zwicken" sanktionieren, das würde ja die Mutterhündin auch so machen. Mal abgesehen davon, dass ich nicht weiß, von wem sie diesen Schwachsinn haben, wer weiß denn schon, was vor dem "in die Seite zwicken" passiert, wann es dazu kommt und wie stark es ist. Wer von euch würde behaupten, dass er es genauso nachahmen kann, in genau der Situation und mit genau den Ankündigungen, wie es Hunde tun???
Immer wieder haben wir Hunde im Training, die extremes Meideverhalten zeigen. Nicht nur gegenüber bestimmten Dingen, auch gegenüber ihren eigenen Besitzern. Und wenn ich diese Hunde sehe, habe ich jedes Mal einen Klos im Hals, weil ich weiß, wie mit ihnen trainiert worden ist. Da ging es nicht darum, den Hund zu loben, wenn er etwas toll gemacht hat und ehrliche Freude zu zeigen. Vielmehr stand da im Vordergrund, das Problemverhalten innerhalb kürzester Zeit so zu unterdrücken, dass der Hund es zwar nicht mehr zeigt, es im Gefühlsleben des Hundes aber immer noch existiert, intensiver als zuvor. Ein Problemverhalten hat immer einen Grund und diesen gilt es aufzuspüren. Nur so kann man auch dem Hund helfen mit seiner Situation besser klar zu kommen. Und genau das ist unser Ziel, wenn wir mit positiver Verstärkung arbeiten.
Sie sollte dem Hund helfen, etwas zu tun, bei dem er sich weniger bedroht fühlen kann. Das kann natürlich nicht funktionieren, wenn die Bezugsperson Angst- oder Aggressionsverhalten bestraft.
Seit wann schafft Bestrafung denn Sicherheit?"
"Bestrafung führt
-niemals zu einer Verstärkung eines erwünschten Verhaltens,
sondern
-immer nur zu einer kurzfristigen Abschwächung oder Unterdrückung eines unerwünschten Verhaltens."
Und genau das ist es, was mir an der Arbeit mit Hundebesitzern und ihren Hunden so Spaß macht, was mich immer wieder berührt und glücklich macht.

(c) 2014, Hundeschule Social-Dog, Julia Reicherter