Bedürfnisbefriedigend belohnen

Dass Training, das auf der Basis von Motivation und Belohnung basiert nicht nur effektiver, nachhaltiger und besser funktioniert als Strafe und Gewalt, sondern auch die Bindung zwischen Hund und Mensch stärkt ist längst bekannt. Die Streitfrage um Futterbelohnung in der Hundeerziehung besteht aber leider schon lange. Wir sprechen uns ausdrücklich dafür aus, dazu habe ich bereits schon einen Blog-Artikel geschrieben. Leider wird Belohnung aber von vielen fälschlicherweise NUR mit Futter assoziiert, dabei gibt es so viele weitere Möglichkeiten den Hund zu motivieren.

Die beste Belohnung ist immer genau die, die dein Hund in dem Moment am liebsten haben möchte. Hier sprechen wir aber natürlich keinesfalls nur von Futterbelohnung. Es gibt unzählige weitere Belohnungsvarianten, die sich ohne Futter realisieren lassen und für den Hund in so manchem Moment sogar mehr wert sind, weil sie sein Bedürfnis befriedigen. Doch warum ist diese Art der Belohnung so wahnsinnig wichtig und sinnvoll? Warum gelangen wir im Training durch bedürfnisbefriedigendes Belohnen oft viel schneller zum Ziel?

Wie auch jeder einzelne von uns haben Hunde ihre ganz individuellen Bedürfnisse. Angefangen bei den Grundbedürfnissen wie Futter, Wasser, medizinische Versorgung, Sozialkontakte uvm. über Jagdverhalten, Spieltrieb und Bewegung. Jeder Hund hat in bestimmten Situationen ein ganz spezielle Bedürfnis. So wollen z.B. viele Hunde bei Sichtung eines anderen Hundes hinrennen, um zu spielen und sich zu bewegen. Beim Erschnüffeln einer frischen Wildspur wollen viele Hunde dieser Spur folgen um das Wild aufzuspüren. Diese und weitere Verhaltensweisen liegen einem Bedürfnis zugrunde. Der Hund zeigt dieses Verhalten also nicht, um uns zu ärgern, er geht ganz schlicht und einfach seinem Bedürfnis nach. 

Natürlich ist es aber so, dass wir natürlich Jagdverhalten von unseren Hunden nicht ausführen lassen können, so wie sie das gerne hätten. genauso sollten wir unseren Hunden beibringen, dass sie nicht zu jedem Hund oder Menschen hinrennen, den sie sichten, da das mitunter starke Gefahren birgt und wir auch Rücksicht nehmen sollten. Viele unserer Kunden kommen zu uns genau wegen solcher Themen. Sie kommen gegen das Bedürfnis und somit dem Reiz mit der Futterbelohnung einfach nicht an. Das Training greift nicht und somit ändert sich das für uns unerwünschte Verhalten leider gar nicht. Oft hängt es damit zusammen, dass mit der Futterbelohnung das Bedürfnis des Hundes in dem Moment überhaupt nicht befriedigt wird. Und damit kommen wir zur bedürfnisorientierten Belohnung. Doch was ist das überhaupt?

Es geht darum zu schauen, was der Hund im jeweiligen Moment gerne tun würde und warum. Welches Bedürfnis hat der Hund, wenn er zu einem anderen Hund rennt? Viele Hunde möchten einfach mit dem anderen Hund rennen. Hier spielt oft die Bewegung eine große Rolle. Biete ich dem Hund nun zur Belohnung, wenn er bei Sichtung eines Hundes noch bei mir bleibt eine Futterbelohnung aus der Hand an habe ich den Bewegungsdrang meines Hundes in dem Moment in keinster Weise befriedigt und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er sich für den Hund und gegen das Leckerli entscheidet. Stattdessen wäre es möglich dem Hund ein Leckerlifangspiel, ein Wurf- oder Zerrspiel mit einem Spielzeug oder ein gemeinsames Rennspiel anzubieten. Der Bewegungsdrang wird also mit in die Belohnung eingebaut und das Bedürfnis somit befriedigt.

Genauso verhält es sich mit dem Jagdverhalten. Habe ich einen Hund, der gerne seine Nase benutzt um einer Spur zu folgen, sollte ich ihm zur Belohnung bei erwünschtem Verhalten an einer Spur eine Belohnung anbieten, die Schnüffeln oder Sequenzen des Jagdverhaltens beinhalten. Man könnte den Hund zum Beispiel mit einem Suchspiel, der Verlorensuche oder einer Umweltbelohnung wie Buddeln belohnen.

Einen Hund vom Hetzen eines Rehs abzurufen, wenn dieser ein Leckerli erwartet wird kaum funktionieren, da die Jagdsequenzen wegfallen und somit das wichtigste Bedürfnis nicht befriedigt wird. Hunde sind nicht dumm. Sie werden kaum ein kleines Leckerli gegen ein Reh tauschen. Das Hetzverhalten muss hier unbedingt in die Belohnung mit eingebaut werden, z.B. in Form eines Wurfspiels.

Was Belohnungsvarianten betrifft sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. So habe ich bei einem meiner Hunde über 40 Belohnungsvarianten zur Verfügung, wovon über die Hälfte nichts mit Futter zu tun haben und mein Hund in vielen Situationen die Belohnungen ohne Futter deutlich vorzieht. Zu seinen Lieblingsbelohnungen gehören z.B. Buddeln, Schnüffeln, Wurfspiel, Freiverlorensuche, den Lieblingstrick zeigen, gemeinsam rennen und auf Signal einen Hund begrüßen. 

Wenn der Hund im Training nach und nach lernt, dass er seine Bedürfnisse auch gemeinsam mit dem Hundehalter befriedigen kann und der Hundehalter nach und nach lernt, welche Belohnung in welcher Situation sinnvoll ist wird das Training viel effektiver und die Fortschritte sind viel schneller zu erkennen. Die Signale werden immer besser ausgeführt und auch unter großer Ablenkung funktionieren die gelernten Dinge immer zuverlässiger. Und ganz nebenbei lernt der Hundehalter seinen Vierbeiner noch besser kennen, weil er auf die Bedürfnisse seines Hundes eingehen muss und erkennt, was sein Hund wann benötigt. Die Kommunikation zwischen Hund und Halter wird deutlich verbessert.

Was kannst du nun tun, um die Bedürfnisse deines Hundes besser kennenzulernen? Erstelle eine Top-20-Liste! Schreibe 20 Dinge auf, die dein Hund am liebsten tut - egal ob draußen oder drinnen. Sortiere sie von 1-20, wovon 1 das absolute Highlight ist (Bsp. Fressen, Schnüffeln, Buddeln, Socken klauen, mit Hunden spielen, Rennen...).

Ist deine Liste fertig kannst du zum einen schauen, was deinem Hund wichtig ist. Haben viele Punkte mit Schnüffeln und Suchen zu tun, oder mit Rennen, Spielen und Bewegung? Wo sind Gemeinsamkeiten in den einzelnen Punkten? Und dann kannst du schauen, welche der Punkte du als Belohnung schon nutzen kannst und welche du als Belohnungsvarianten aufbauen kannst, indem du sie unter Signal stellst. Kannst du deine Belohnung jetzt noch im Alltag einsetzen wirst du Trainingsfortschritte schnell feststellen.

Brauchst du Hilfe bei der Umsetzung? Sprech uns gerne an!